Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie viel Sand verweht, wenn Sie eine Handvoll in die Luft werfen – und beispielsweise alle Sonnenanbeter auf rosa Strandmatten treffen wollen?
Wie hoch ist der “Streuverlust”?
Erste Lösungsansätze ergeben sie aus theoretischen Ansätzen zur Dünenwanderung. Diese werden im Rahmen der wissenschaftlichen Disziplin der Geomorphologie eingehend untersucht, und ich denke hier findet sich ein guter Ansatz, um solche Streuverluste am Strand zu untersuchen…
Im Online-Media-Business sind wir schon deutlich weiter als am Strand. Auch hier dreht sich fast alles um den Streuverlust. Jeder kennt das überstrapazierte Wanamaker- oder Ford-Zitat “Ich weiß, dass die Hälfte meiner Werbeausgaben zum Fenster hinausgeworfen…”
Dann gibt es ja auch die Redewendung mit dem Glas, das halbleer oder halbvoll sein kann. Bleiben wir bei dieser Analogie: Wenn eine Kampagne für ein Damenhygiene-Produkt (Uli Kramer von pilot hat dieses Beispiel eingeführt mit der berechtigten Forderung “Weniger Damenhygiene-Knowhow für Männer”) genauso viele Männer wie Frauen erreicht, dann ist das Glas aus der Sicht der Mediaplaner eben halb leer oder aber meinethalben halb voll – John Wanamaker oder aber Henry Ford würden so oder so wieder sagen “Die Hälfte meiner Werbeausgaben…”. Da gibt es also Handlungsbedarf – man wird die Effizienz der Werbeausgaben steigern wollen.
In der Media-Klassik gibt es da seit den 1930er-Jahren einen recht bewährten Ansatz: Man schafft einfach Media-Umfelder, die die gewünschte Zielgruppe besser erreichen. So entstand ja bekanntlich die Soap Opera als Erfindung des Seifenhersteller Procter&Gamble.
Das funktioniert – aber man muss dann eben passende Umfelder schaffen. Das ist nicht gerade billig, auch wenn es online derzeit einen klaren Trend gibt, eben dies zu tun: Es werden bspw. Frauen-, Auto-, Gesundheits- und Reiseportale gelauncht bzw. aufgekauft.
Oder aber: Man bringt Targeting ins Spiel. Targeting ist, wenn unterschiedliche Menschen identische Web-Adressen aufrufen und dann unterschiedliche Inhalte, hier Werbung, angezeigt bekommen. Bspw. sehen Frauen rosa Werbung für einen Lady-Shaver, Männer hellblaue Werbung für einen Men-Shaver. Die Idee ist also, bspw. Frauen auch dann effizient zu erreichen, wenn sie außerhalb des Frauen-Portals oder -Channels surfen – und Männer auch dann effizient zu erreichen, wenn sie sich außerhalb der “Casper-Channel” (mein Akronym für Cars, Sports, Erotic) bewegen.
Social Communities und Free-Mailer sind hier ganz gut aufgestellt: Sie kennen für jedes Mitglied das Geschlecht. Da wird es zwar auch sog. Gender-Switching geben (man denke an die vielen virtuellen Frauen in Second Life, obwohl die Second-Life-Accounts mehrheitlich auf Männer angemeldet sind), außerdem muss der Datenschutz beachtet werden. Aber warum ist die Werbung auf den Social Communities dann noch nicht ausgebucht – wenn sie doch so gesehen sehr effizient in Sachen Gender-Targeting sind?
Die Effizienz setzt sich aus drei Einflussgrößen zusammen:
- Der Listen-TKP,
- der Zielgruppen-Anteil bzw. der komplementäre Streuverlust und
- ggf. “weiche” Faktoren wie die Reputation des Werbeträgers.
Aus den ersten beiden wird der eCPM, also der effektive Zielgruppen-TKP berechnet. Das machen Mediaplaner zigfach jeden Tag: Listen-TKP (ggf. abzgl. Rabatte) geteilt durch Zielgruppen-Anteil. Also bspw. 10 Euro TKP geteilt durch Frauen-Anteil von 50 Prozent macht einen effektiven Zielgruppen-TKP von 20 Euro. Bei einem Frauen-Anteil von 100 Prozent ist dann Listen-TKP gleich Zielgruppen-TKP. Hier punkten in der Theorie die Social Communities und die Free-Mailer.
Aber vielen Werbekunden reichen anscheinend selbst 100 Prozent Zielgruppen-Anteil nicht aus, sie wünschen sich zusätzlich klassischere Umfelder, um vom Image-Transfer zwischen “Hochglanz”-Werbeträger und beworbenem Produkt zu profitieren. Und das geht dann nur mit Predictions – denn außerhalb der Communities weiß ja keiner so genau, ob gerade eine Frau oder ein Mann vor dem Bildschirm sitzt (man weiß aus AGOF o.ä. eben nur, dass bspw. gleich viele Männer und Frauen vor den Bildschirmen sitzen, aber eben nicht, vor welchem Bildschirm eine Frau und vor welchem ein Mann sitzt – “ich weiß, dass die Hälfte…”). Und wenn es nicht um Mann oder Frau geht, sondern Interesse an Low-Fat-Produkten, dann geht ohne Predictions ohnehin gar nichts – auch die Social Communities und Freemailer stoßen hier an ihre natürlichen Grenzen. Vor allem FMCG-Interessen können fast nur statistisch vorhergesagt werden, sie ergeben sich nicht aus Registrierungsdaten.
Wenn nun also immer mehr Anbieter Predictions in ihr Angebot aufnehmen, dann entsteht nun auch ein hoch spannendes neues Feld für die Leistungsbewertung: Wessen Predictions sind wie präzise? Wenn mit Predictive Targeting bspw. Frauen erreicht werden sollen: Wie hoch ist der Frauenanteil dann wirklich, wenn er ohne Targeting bei 50 Prozent läge? 60 Prozent? Das wäre schon eine relative Steigerung um 20 Prozent. Vielleicht sogar 90 Prozent? Und wie hoch ist der Anteil der Sehr-Low-Fat-Interessierten, wenn er ohne Targeting bei 10 Prozent läge? 20 Prozent? Das wäre schon eine Verdoppelung des Trefferanteils! Aber woher weiß der Mediaplaner, wie stark der Streuverlust bei welchem Anbieter reduziert wird?
Früher oder später wird es wohl auch dazu eine neutrale Währung geben. So wie die AGOF heute die anerkannte, zentrale und neutrale Instanz zur Feststellung des Zielgruppenanteils auf einem Online-Werbeträger gibt, so wird man auch eine neutrale Instanz brauchen, um Streuverluste beim Targeting zu beziffern. In der Vor-AGOF-Zeit konnte jeder Online-Werbeträger ungeprüfte, eigene Zahlen in den Markt geben – entsprechend relativ wenig Glaubwürdigkeit hatte die Info “Website X wird zu 50 Prozent von Frauen besucht” – denn Website Y konnte dann immer behaupten (ggf. auf Basis einer anderen Methode), zu 55 Prozent von Frauen besucht zu werden. Erst dank der AGOF gibt es hier Planungssicherheit. Eben diese Planungssicherheit wird auch Predictive Targeting benötigen.
Derzeit sieht das Planungstool der AGOF im Mediaplan ein optionales Freifeld vor, in dem jeder Anwender selber eintragen kann/muss, wie hoch der Streuverlust ist.
Das wird vermutlich nicht lange so optional und frei bleiben – denn erstens gilt, je reifer der Markt, desto größer das Bedürfnis nach neutral geprüften Zahlen. Zweitens wird das optionale Feld vermutlich oft nicht aktiviert. Per Default werden dann Null Prozent Streuverlust angenommen. Daran glaubt aber bitte hoffentlich niemand! “Maximale Reichweite ohne Streuverlust” ist ein methodisches Paradoxon. Jede – wirklich jede – statistische Prediction ist mit Fehlern behaftet – die Frage ist eben nur: Wie groß ist der Fehler, wie hoch der verbleibende Streuverlust? Bzw. als “halb voll” statt “halb leer” formuliert: Wie hoch ist die Präzision der Prediction? Und: Wie ist der Trade-Off zwischen Präzision und Reichweite?
nugg.ad kämpft jeden Tag mit vollem Einsatz gegen den bösen Streuverlust. Wir machen ihn so klein wie möglich.
Hier mal ein nicht untypisches Beispiel:
Ohne Targeting hätte dieser beispielhafte Online-Werbeträger einen Frauen-Anteil von 34 Prozent (also 66 Prozent Streuverlust bei einer Frauen-Kampagne). Dank nugg.ad können Frauen mit einer Präzision von bis zu 76 Prozent (nur noch 24 Prozent Streuverlust) erreicht werden – dann allerdings mit weniger Reichweite. Aber selbst bei voller Reichweite lässt sich die Präzision von 34 auf 61 Prozent fast verdoppeln, der ursprüngliche Streuverlust also von 66 auf 39 Prozent fast halbieren.
Oder in Euro ausgedrückt:
Selbst wenn – wie hier angenommen – der Vermarkter 10 Prozent Aufpreis für Targeting erhöbe, dann steigerte der Werbekunde die Effizienz seiner Buchung dennoch um 39 Prozent.
Entscheidend ist dann letztlich nicht, wie stark der Streuverlust in absoluten Zahlen reduziert wurde, sondern in relativen Zahlen. Wenn also beispielsweise aus einer sehr kleinen Zielgruppe wie “Sehr-Low-Fat-Interessierte”, die ohne Targeting nur zehn Prozent der Nutzer ausmachen, dank Targeting 20 Prozent werden (also “leider” noch immer 80 Prozent Streuverlust) – dann wurde die Trefferquote dennoch verdoppelt.
Und wenn die Zielgruppe dann noch von der Media-Agentur korrekt und kampagnenadäquat definiert wurde, dann dürften sich hier auch die Klick- und Conversionrate verdoppeln. Denn man erreicht ja nun mit Predictive Targeting doppelt so viele Menschen aus der Zielgruppe wie ohne Targeting, also darf man auch doppelt so viele Klicks und Conversions erwarten. Und alle freuen sich: Der User, der weniger irrelevante Werbung zu sehen bekommt, die Mediaagentur und ihr Werbekunde, der ihre Effizienz steigern und der Online-Vermarkter, der neue Budegts erschließt.
Ach ja: nugg.ad freut sich dann natürlich auch.
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Einen haben wir noch, aber wir möchten hier die Gelegenheit nutzen ein kurzes Fazit zu ziehen.
Wir haben hier im theme08-Blog viel berichtet, haben in das Thema eingeführt, die Historie beleuchtet, Tacheles geredet und ein wenig in die Zukunft gesehen. Und wir hoffen, dass wir einige Denkanstöße geben konnten.
Uns hat es Spaß gemacht und wir sind weiterhin fasziniert von “unserem” Thema und freuen uns auf Ihren Besuch, gerne auch zu tiefergehenden Gesprächen, auf der online-marketing-düsseldorf. Sie finden uns in Halle 10 Stand C67.
Noch Lust auf mehr Targeting? Hier entlang!